Rollstuhltraining in der WfbM Steufzgen

09.01.2025

Slalom fahren üben – vorbei an Kuh- und Schweinchen-Pylonen… erst im weiten Abstand voneinander, dann eng gestellt.

Foto: moriprint

Kempten(mori). Rollifahren: „Wer bei der ersten kleinen Bordsteinkante bereits kapitulieren muss, für den ist es mit der Selbständigkeit und der Selbstbestimmung nicht weit her…“ Patrick Moser weiß, wovon er spricht. Er sitzt selbst im Rollstuhl und führt gemeinsam mit seinem Referentenkollegen Axel Görgens für den Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS) Mobilitätstrainings für Rollstuhlfahrer durch. Jetzt waren die beiden in den Allgäuer Werkstätten in Steufzgen und führten für rund 20 Rollifahrer einen Kurs durch, wie man „seine Karre“ leichter und sicherer händeln kann. Beantragt hatte den Kurs Sophia Eggert vom Sozialdienst in Steufzgen über die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) – und diese beauftragten dann den DRS mit der Umsetzung. Eggert setzte sich zwischendurch auch selbst in einen Rollstuhl, um ein besseres Gefühl für die zu betreuenden Beschäftigten im Rollstuhl zu bekommen.

 

Manche Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen wachsen bereits in jungen Jahren mit dem Rollstuhl als ständigen Begleiter auf, andere bekommen den Rolli erst im Laufe ihres Lebens, manchmal auch nach einem Schlaganfall beispielsweise. Nicht immer findet eine ausgiebige Anleitung für die erste Rollstuhlausfahrt statt – und wenn, kann es sein, dass man manches im Laufe der Zeit vergisst – oder sich falsche Bewegungen aneignet… „Eine Auffrischung ist gar nicht schlecht“, weiß auch Iris Roth, Werkstattratsvorsitzende. Sie selbst fährt in einem E-Rolli – und hat bei dem Training in punkto Kurvenfahren auch noch etwas dazu gelernt.

 

Nach einer ausgiebigen Kennenlernrunde zu den eigenen speziellen Handicaps, ging es raus auf den großen Hof der Steufzger Werkstatt, um die Praxis zu üben. „Mobilität muss von der Pike auf gelernt werden“, sagte Patrick Moser in die Runde. Das beginnt bereits mit dem richtigen Anfassen des Greifreifen am Laufrad: „Eigentlich geschieht das lediglich mit Daumen und Zeigefinger.“ Dann ging es ums „richtige“ Vorwärtsfahren: „Nutzt die Räder mit. Damit schont ihr auch eure Schultern, eure Muskulatur, euren Rücken“, informierte Moser weiter. Denn: „Was rollt, brauch ich nicht schieben!“ Jeder einzelne Schub koste Kraft und beim falschen Handling könne es schnell zu Schulterschmerzen kommen. „Wenn ihr wisst, wie es richtig geht, könnt ihr auch eure Helfer richtig einweisen“, ergänzte Referent Axel Görgens.

Gut: Beim Anfahren ein wenig vorbeugen, beim Bremsen nach hinten lehnen. „Auf gar keinen Fall aus voller Fahrt bremsen.“ Das wurde dann auch von den teilnehmenden Rollifahrern geübt. Für die E-Rolli-Fahrer gab es noch zusätzliche Tipps zum engen Kurvenfahren. Mit verschiedensten Übungen, darunter auch Slalomfahren wurde geübt – unter den wachsamen Augen von Patrick Moser und Axel Görgens.

Im Laufe des Tages wurde es herausfordernder: die Gruppe musste das Rückwärtsfahren, rückwärts einparken und rückwärts Slalom fahren üben – oder: Wie komme ich durch eine enge Tür. Schwierig ist beim Rückwärtsfahren für die Rollifahrer mit körperlichen Einschränkungen auch oft der Schulterblick. „Probiert aus, ob es leichter ist, wenn ihr Euch vorbeugt oder wenn ihr gerade sitzt.“ Bei E-Rollis ist ein kleiner Spiegel hilfreich, der wird aber schnell abgefahren und auch nicht immer von der Krankenkasse bezahlt. Geübt wurde auch das Überwinden von „Rampen“ mit bis zu 4 cm hohem Rand.

Und ein letzter Tipp von Axel Görgens und Patrick Moser: Manchmal hebt man durch einen Reflex automatisch schreckhaft die Hände – beispielsweise, weil ein Luftballon platzt oder ein spezieller Ausruf erfolgt. „Hier solltet ihr immer wieder üben, eure Schreckhaftigkeit zu überwinden.“ Zum Abschluss erhielten alle Teilnehmer ein Zertifikat für die Teilnahme an dem Seminar „Sicher mobil“ im Rahmen der bundesweiten Präventions-Kampagne von BGW und DRS.

 

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